Schloßgarten und Landschaftsverschönerung
Eine Vielzahl von Beispielen für eine Landschaftsverschönerung findet man in der Nähe des Schlosses Elberberg mit einem unmittelbaren Bezug zu dem Adelssitz. Die Anfänge der landschaftsgestalterischen Arbeiten im Schlossbereich gehen bis in das 16. Jh. zurück. Die Anlage des jetzt oberen Schlossteiches sowie die Gestaltung des Berghangs zum Schloss hin, noch ohne gemauerte Terrassen, aber mit Teich und Gartenhaus ist bereits für 1554 bezeugt.
Die zwischen dem unmittelbar an die Burg angrenzenden Ziergarten und dem oberhalb des Schlossteiches gelegenen Burggarten angelegte dreifache Terrassenanlage am Südhang des Schlossberges – 1819 erneuert -, dürfte barocken Ursprungs sein. Sie ist in Sandstein als Trockenmauer errichtet. Das auf der Spitze des Schmiedegartens errichtete Gartenhäuschen (1771) sowie das sog. Schießhäuschen in der Hardt, das in einer Karte um 1778 erstmals bezeugt wird, gehören einer Ausbauphase in der 2.H. des 18.Jh. an.
Möglicherweise wurde der bereits 1554 erstmals erwähnte Schlossteich umgestaltet oder neu angelegt, da der aus den sizilianischen Erbfolgekriegen nach Elberberg zurückgekehrte Georg Walrab von Buttlar (1686-1744) am 4.9.1724 in seinem Tagebuch notiert: Einen neuen Teich angelegt, um leichter Fische zu haben. Und am 16.10.1728 heißt es dort: Meinen großen Teich unterm Hause gefischt und ziemlich viel Fisch bekommen. Und noch einmal erwähnt er den Teich am 3.3.1732: Meinen Teich unter dem Garten gefischt und ziemlich viel Fisch gefunden. Im Frühjahr, wenn die Wellen stark sind, dauert es 22 Stunden, bis das Wasser abgelaufen ist, im Herbst bei Trockenheit nur 12 Stunden. Aus der um 1778 gezeichneten Karte geht weiter hervor, dass der Damm des heute oberen Schlossteiches mit einer doppelten Baumreihe bepflanzt ist, zwischen der ein auf der Mitte des Dammes sich zu einem Rondell erweiternder Weg verlief. Von den Pyramideneichen sind nach einer Abholzungsaktion zu Beginn der 1980er Jahre nur noch fünf Exemplare vorhanden.
Der untere Schlossteich wurde 1925 im Zusammenhang mit dem Bau der von buttlarischen Oberförsterei – dem sog. Höllenschlösschen – angelegt, indem der Erdaushub hier als Damm aufgeschüttet wurde.
Mit der Übernahme der Verwaltung der Familiengüter durch den Kammerherrn Rudolph von Buttlar (1802 – 1875) auf Elberberg in 1824 beginnt eine rege Ausbauphase. Die alte Burg, die bald nahezu vollständig ersetzt wird durch einen Schlossneubau, wird Ausgangs- und Bezugspunkte für zahlreiche landschaftsgestalterische Aktivitäten mit z.T. spielerischen Elementen. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Rudolph von Buttlar für diese Umgestaltung keinen Architekten festangestellt, sondern seinem Wesen entsprechend autodidaktisch verschiedene Elemente der ihm bekannten Anlagen aufgenommen und auf die hiesige Situation übertragen. Seine bauliche Tätigkeit auf Elberberg wird sichtbar im Neubau des Schlosses, der in zwei Bauabschnitten von 1835 und 1860/61 ausgeführt worden ist. Der ältere Südteil des als Schloss oder auch als Herrenhaus bezeichneten Neubaus öffnet sich im Erdgeschoss über zwei Rundbögen zur talseitigen Terrassenanlage. Dieser Gebäudeteil, am Kämpfer über dem Mittelpfeiler mit “1837” bezeichnet, wird als Gartenhalle genutzt. Sie wird wegen der talseitig gelegenen verglasten Rundbögen auch als ‘Glashaus’ bezeichnet wird. 1860 werden Pläne zur Fortsetzung der Bauarbeiten am Schloss gefertigt. Es wird mündlich berichtet, der Kammerherr habe die Bauarbeiten rechtzeitig zur Hochzeit seines ältesten Sohnes fertig stellen wollen, die dann im Rittersaal stattfinden konnte. Ebenso wird mündlich berichtet, dass die Baukosten von der Familie von Buttlar auch aus den finanziellen Entschädigungen der bäuerlichen Grundlastenablösungen finanziert worden sind.
Die oberste Plattform der südlich vor dem Schloss liegenden Terrassenanlage wird von kugelbesetzten Postamenten begrenzt. Jeweils am Ost- und Westende der Terrassen befindet sich eine Steintreppe. Am Treppenaufgang nach Westen steht auf einem mit “v.B. 1843” bezeichneten Postament eine vielseitige Sonnenuhr aus Sandstein. Der hier gelegene Gartenbereich erinnert mit seinen plastischen Schmuckelementen sowie den Blumenbeeten an die Idee des Pleasuregrounds, wie er etwa von Pückler definiert worden ist. Dieser öffnet sich mittels der Wegeführung in die nähere Umgebung am Schlossberg sowie über die Terrassenanlage zum gegenüberliegenden Wald ‘Die Hardt’ und seitlich zum Klapperberg mit den dort gelegenen Einzelobjekten. Mit den weiten Bögen des Glashauses wird das Schlossgebäude mit in die gestaltete Landschaft einbezogen. Ein beim Schlossneubau nicht abgebrochener Flügel der mittelalterlichen Burg bildet dabei einen romantischen Hintergrund für den Pleasureground und die Gartenterrassen.
Dem Anliegen des englischen Landschaftsgartens, vielfältige Szenen darzustellen und das Gefühl zu bewegen, dienen – neben einem gewissen naturkundlichen Interesse – wohl auch die Anpflanzung exotischer Bäume wie Gingko und Mammutbaum und die hier aufgestellte Marienstatue. Landschaftlich reizvolle Wege oder Sichtverbindungen beziehen verschiedene Objekte auf das Schloss. Dies soll nachstehend an einigen Beispielen verdeutlicht werden.
Ein (Wald-)Weg vom Schloss zur ehemaligen Hardtmühle im Elbetal ist – wie auch der Triftweg oberhalb Elberbergs – von geköpften Hainbuchen gesäumt und führt an einigen bemerkenswerten Gebäuden vorbei. Dort, wo sich der Schlossbereich zum Dorf Elberberg hin öffnet, steht an einer Straßenkreuzung das bereits erwähnte Gartenhäuschen aus 1771, ein verputzter Fachwerkbau mit Mansarddach und Bieberschwanzdeckung. Auf der Dachspitze befindet sich eine Wetterfahne in der Form einer geflügelten Sphinx aus gestanztem Blech, wohl eine maschinelle Massenfertigung aus der 2.Hälfte des 19.Jh., deren Motiv auch noch auf dem Dach des Wohnhauses Hof Campf in Dalwigksthal bei Korbach erhalten ist.
Im Talgrund unterhalb des Schlosses befindet sich nahe am Waldrand im sog. Schmiedegarten ein aus sorgfältig behauenen Sandsteinen kreisrund gefasster Teich, dessen Funktion unklar ist. In der um 1778 gezeichneten Karte ist an dieser Stelle noch ein rechteckiger ‘Wasserbehälter’ in unmittelbarer Nähe eines Brennereigebäudes eingezeichnet. Kurz darauf erreicht man den oberen Schlossteich, der bereits im 16. Jh. erwähnt wird, sowie den gegenüber am Fuße der Hardt errichteten Eiskeller, der vor einigen Jahren leider abgebrochen wurde.
Hinter der nächsten Biegung des Waldweges befindet sich ein auf quadratischem Grundriss errichteter, nach drei Seiten offener Pavillon mit Zeltdach, dessen rückwärtige Wand in Sandstein massiv errichtet ist. Die seitlichen Abschlüsse dieser Wand sind als Dreiviertelsäulen ausgebildet. Schon in der 2.H. des 18. Jh. wird dieser Pavillon als Schießhäuschen bezeichnet. Später erklärt man sich diesen Namen damit, dass die von buttlarischen Förster sowie die Elberberger Gendarmen dort ihre Schießübungen veranstalteten. Es ist jedoch vereinzelt auch die mündliche Bezeichnung als Teehäuschen überliefert.
Oberhalb dieses Pavillons und wohl ehemals mit diesem über eine Sichtachse verbunden findet man in unmittelbarer Nähe des Elberberger Hochbehälters die Reste eines weiteren, diesmal kreisrunden Pavillons. Gegen den Berghang lehnt sich eine halbrunde Steinbank mit zerbrochenem Steintisch. Zur Talseite hin stehen im Halbrund vier runde Stützenauflager, teilweise mit quadratischen Vertiefungen, auf denen die Holzstützen für das Dach ruhten, und davor die Reste einer kleinen Treppenanlage. Da im Waldboden keine Reste der ehemaligen Dachdeckung auffindbar sind, könnte dieser wohl ehemals offene Pavillon mit Holzschindeln oder Stroh gedeckt gewesen sein. Leider sind im vergangenen Jahr infolge von Waldarbeiten die Überreste dieses Pavillons stark in Mitleidenschaft gezogen worden.
Von hier führt ein Waldweg zum Waldrand am Klapperberg, wo etwa auf halber Strecke links am Hang sich das sog. Tanzplätzchen befunden hat, eine etwa kreisrund eingeebnete Fläche am Berghang. Diese war früher mit Bänken umsäumt, und die älteren Bewohner erinnern sich noch, dass hier die Dorfjugend im Sommer zum Tanz zusammenkam. Da sich das Tanzplätzchen inmitten des von buttlar’schen Waldes befindet, ist jedoch anzunehmen, dass es sich hierbei nicht um eine Einrichtung für das dörfliche Gemeinschaftsleben, sondern vielmehr für Lustbarkeiten der Familie von Buttlar selbst handelte.
Im Übrigen bildete der Hardthügel einen Teil eines ansehnlichen Tiergartens der Herren von Buttlar, der auch eine bedeutende Anzahl wilder Schweine enthält. Hierzu waren weite Bereiche der Hardt mit einem hohen Wildgatter eingezäunt.
Kehren wir zum Schießhäuschen zurück, so befindet sich unterhalb davon, am Waldrand der Hardt der sog. Felsenkeller. Dieser wurde in 1852 errichtet, um das in der von buttlar’schen Hardtmühle gebraute Bier kühl lagern zu können. Über dem eigentlichen Keller wurde wohl gleichzeitig eine Plattform mit einer Balustrade in Sandstein errichtet, dessen Dach von gusseisernen Stützen getragen wird. Der Felsenkeller war also nicht als reiner Zweckbau errichtet worden. Bestätigt wird dies durch verschiedene Hinweise aus der Mitte des 19. Jh., wonach dort Lustbarkeiten und insbesondere Musik- und Tanzveranstaltungen der Familie von Buttlar stattfanden, zu denen auch Gäste aus Naumburg und Kassel eingeladen wurden. Escher berichtet, dies sei in der angenehmeren Jahreszeit ein Ort des traulichen Zusammenkommens zu allerlei Gespräch und Kurzweil gewesen. Ein Glas Bier und ein Kegelspiel fehlen dann auch nicht, wobei er sich auf die in unmittelbarer Nähe zwischen den Lindenbäumen eingerichtete Kegelbahn bezogen hat.
In östlicher Richtung des Schlosses sind als landschaftsverschönernde Maßnahmen das Elberberger Türmchen sowie der Sommerbergs Teich zu nennen.
Das Türmchen, das inzwischen zum Wahrzeichen von Elberberg geworden ist, wurde in 1825 durch Rudolph von Buttlar errichtet. Rudolphs Braut Louise von Buttlar aus Riede schrieb ihm am 16.4.1825: … Dass das Turmhäuschen schon so weit ist, freut mich recht, es ist gewiss auch hübsch, wenn auch die Tapete vielleicht nicht ganz glatt geworden ist. Wie verdient machst Du Dich um die Verschönerung von Elberberg. Aus weiteren Briefen geht hervor, dass der Turm mit Möbeln ausgestattet war, denn Louise rät ihrem Bräutigam, für deren Polsterung keine Pferdehaare zu verwenden, sondern langes Waldmoos, das aber vorher erst recht in der Sonne getrocknet werden muss, weil es doch wahrscheinlich oben feucht sein würde.
Der Sommerbergsteich wurde am Waldrand, unmittelbar an die Landstraße nach Merxhausen grenzend, wohl ebenfalls auf Veranlassung Rudolphs von Buttlar künstlich angelegt. Der Teich wird nicht durch eine Quelle gespeist, sondern lediglich aus Niederschlagswässern, die vom Berghang unterhalb der Kohlhagenplatte über ein großflächiges System künstlich angelegter Sammelgräben erfasst und gezielt in den Teich geleitet werden. Die Dammkrone wird von einer Doppelreihe Kastanienbäumen eingefasst, ein Gestaltungsmerkmal, dass man in der prachtvollen Kastanienallee unterhalb des Elberberger Schlossberges wiederfindet. Der Sommerbergsteich diente bald als Viehtränke, da während der Schafhute die Tiere von der Hardt-Mühle über das Loch zur Trift getrieben wurden. Am Sommerbergsteich war dann eine oft genutzte Zwischenstation, von wo aus die Herden in das Elberberger Feld zogen.
Zu den landschaftsverschönernden Maßnahmen ist auch das am Alten Wald bei Elben gelegene Jagdhaus zu rechnen. Es liegt in der Nähe des im Zusammenhang mit der Verkoppelung bald nach 1880 errichteten ehemals v. Buttlar’schen Gutes Waldhof in reizvoller Lage am Waldrand. Das Jagdhaus errichtete Kammerherr Rudolph von Buttlar 1842 als einen verputzten zweigeschossigen Steinbau mit drei Fensterachsen. In dessen Umgebung findet man verschiedene gartengestaltende Elemente, die bereits aus Elberberg bekannt sind: Im Garten unmittelbar vor dem Jagdhaus steht ein Exot, ein prächtiger Mammutbaum, am Waldrand eine Edel-Kastanie und an dem Zufahrtsweg stand bis vor einigen Jahren eine mächtige Sommerlinde. Unter einer Baumgruppe inmitten des ehemaligen Pflanzgartens befindet sich eine Steinbank, die 1998 vom dichten Gebüsch wieder befreit wurde, und oberhalb des Jagdhauses liegt im Waldtal ein aufgestauter Teich. Am Anfang der Dammkrone ist eine Sitzgelegenheit mit Tisch vorhanden, ein schlichter Stein daneben bezeichnet mit dem “28 VIII 1874” das Datum des Teichbaus. Und in der Nähe des Jagdhauses wurden in der Mitte des letzten Jahrhunderts amerikanischer Baumarten angepflanzt, weshalb sich dort bis heute die Flurbezeichnung “Klein-Amerika” erhalten hat.
Das Ensemble am Jagdhaus wurde vor Errichtung des von buttlarischen Gutes Waldhofes angelegt, sodass auch hier der Bezug zum Stammsitz der Familie auf Elberberg gesucht werden muss, wohin zudem Sichtverbindung besteht.
Rudolph von Buttlar hat also ab 1824 eine bereits bestehende kleinere Gartenanlage sowie vorhandene Einzelobjekte in der unmittelbaren Umgebung des Burgsitzes in eine großzügigere Konzeption zur Landschaftsarchitektur einbezogen, indem er weitere Anlagen und Pflanzungen sowie Objekte hinzufügte, die jeweils über Sichtverbindungen oder Wegeführungen auf den nahegelegenen Herrensitz bezogen sind. Einzelne Elemente könnten dabei aus dem 1824 erworbenen Gut in Riede hierher übernommen worden sein. Es ist jedoch einschränkend festzustellen, dass die für Riede charakteristischen Sichtachsen als Gestaltungselement nicht in Elberberg verwendet worden sind.
Rudolph von Buttlar hat wohl eine Reihe von Eindrücken im Landschaftspark Kassel-Wilhelmshöhe gewonnen. Eine Übernahme des englischen Gartenstils jedoch nicht in dem Sinne, dass eine vollständig durchgestaltete Anlage geschaffen wurde, sondern er lehnte sich wohl eher an die Vorstellung englischer Landschaftsgärtner wie Shenstone und Repton an. Bestimmend war dabei deren folgende Überlegung: Wenn Kornfelder einen schönen Anblick bieten, und wenn die zwischen ihnen befindlichen Wege mit etwas Sorgfalt angelegt würden, wenn der natürliche Schmuck der Wiesen durch einige Zutaten aus dem Bereich der Kunst veredelt und verbessert würde…, dann könnte jedermann aus seinen Besitzungen ein hübsches Landschaftsbild machen.
Repton bezog die unmittelbare Umgebung eines Herrensitzes mittels einzelner Gestaltungselemente auf ein Gebäude. Nahe beim Haus legte er den für das 19. Jh. in der Gartenkunst bestimmenden Pleasure-ground an. Terrassenanlagen und symmetrisch-formale Gestaltungen bestimmten das Bild nahe am Herrensitz, während das übrige Außengelände einen in die Natur überleitenden Charakter erhielt. Allgemeine Pläne zur Landschaftsverschönerung beruhten auf diesen Überlegungen. Die Anlagen in und um Elberberg erfüllen – wie bereits beschrieben – diese Voraussetzungen.
Es gibt weiter eine Anzahl von Kleinarchitektur in Elben und Elberberg, die wohl auf den Einfluss der gartengestalterischen Arbeiten am Schloss zurückgehen, hier aber nicht weiter behandelt werden wie z.B. die heute noch zahlreich erhaltenen Steinbänke und –tische: die Steinbank am Hobrain, der Steintisch hinter dem Gutshof am Saurain und der Tisch unter der gezogenen Linde – möglicherweise die alte Dorflinde – am sog. Höllenschlösschen; auch der Steintisch im Pfarrhausgarten von Elben ist hier zu erwähnen.
Quellennachweis: erstellt von Dr. Volker Knöppel