Die Hardtmühle

Fast dreihundert Jahre alt

Die Hardtmühle in EIbenberg ist ein interessantes Beispiel dafür,welch unterschiedliche Anforderungen an ein Gebäude im Laufe seines mehrhundertjährigen Bestehens gesteht wurden.

Im überlieferten Liedgut, aber auch noch im Landschaftsbild unserer Umgebung findet man nach wie vor Mühlengebäude als einzelstehende Gebäudekomplexe fernab der nächsten Siedlung. Das hatte in der Vergangenheit seinen guten Grund. Zwar suchten unsere Vorfahren grundsätzlich den Schutz des Stadtmauerringes oder abgeschlossenen dörflichen Siedlung. Gingen jedoch von einem Gewerbebetrieb Beeinträchtigungen oder Gefahren für die Nachbarn aus, wurden sie ausgesiedelt.

Explosionsgefahr

Für die Mühlen gilt dies insbesondere: Brände und Staubexplosionen waren keine Besonderheit, und leicht konnte bei dieser Gelegenheit der gesamte Hausbestand eines Dorfes in Gefahr geraten. Die Papiermühlen. auf denen die von Lumpensammlern getragenen Kleidungsfetzen unter übler Geruchsbelästung zu Papier verarbeitet wurden, hielt man aus diesem Grund fernab der nächsten Siedlung. Schließlich spielte auch die Erschliessung der nötigen Wasserkraft eine Rolle, denn die erforderlichen Stauwehre, Mühlengraben und Mühlteiche konnte man am ehesten im freien Gelände anlegen.

Aus diesem Grunde gestattete die Familie von Buttlar als Gutsherr die Errichtung Papiermühle in Elben im Jahre 1715 weit weg unterhalb des Dorfes am Fuße des Bergrückens der Hardt. Dem Papiermachermeister Johann Michael Scheurmann wurden eine Wiese neben den zum Mühlenbau notwendigen Bruch- und Ziegelsteinen überlassen, während er das Bauholz bezahlen mußte – wohl eine frühe Form von Wirtschaftsförderung. Die Bauarbeiten und die Anschaffung der Inneneinrichtung, zahlte Scheurmann.

Die neue Mühle wird als Lehensmühle betrieben, und als jährliche Pacht entrichtet der Müller 32 Reichstaler und ein Ries Papier an den Grundherrn. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wird die Papiermühle von den Familien Scheurmann (bis 1722). Schäfer (bis 1738), Bastian (bis 1759) und John betrieben. Die Papiermacherfamilien sind in der Regel miteinander versippt, was durch das Kirchenbuch in Elben belegt werden kann.

Mit dem Aufkommen der industriellen Papierfertigung kann die handwerkliche Fertigung nicht mehr Schritt halten. Deshalb nimmt die Familie von Buttlar eilte Umnutzung vor und trifft ab 1851 Vorbereitungen auf der Mühle eine Bierbrauerei zu betreiben. Das Gebäude wird umgebaut, Lagerfässer und Gährbüdden und eine kupferne Braupfanne bei den örtlichen Handwerkern in Auftrag gegeben.

Um dieses Vorhaben zu befördern, wird der Braumeister Jose Brugger aus München auf der Hardtmühle angestellt. Aber auch das Elbener Bier nach Münchener Rezeptur sichert keinen langfristigen Absatz. Der Transport des Gerstensaftes in die Orte und insbesondere nach Kassel ist wohl zu beschwerlich, und die nun aufkommenden Biermonopole bedrängen die kleine Brauerei. Ab 1864 wird sie offiziell zu Verpachtung angeboten, kurze Zeit daraus stellt sie den Betrieb ein.

Sichtbare Überrest der Bierproduktion ist noch heute der im nahen Wald gelegene Bierkeller, Felsenkeller genannt, der eine unselige Bekanntschaft dadurch erlangte, daß dort die letzten Kriegsjahre des Zweiten Weltkrieges osteuropäische Zwangsarbeiter und halbjüdische Frauen und Männer aus dem östlichen Westfalen eine unterirdische Stollenanlage errichten mußten, in der die Henschel Flugmotorenwerke ihre kriegsgewichtige Rüstungsproduktion verlagern sollte.
Das dritte Kapitel der Nutzungsgeschichte beginnt zeitgleich mit dem Brauereibetrieb. Denn in 1832 wird auch eine Öl- und Holzschneidemühle eingerichtet. Aber auch der Ölgang ist nur wenige Jahre in Betrieb. Behauptet hat sich jedoch der Holzschneidebetrieb, der aus den örtlichen Waldungen beliefert wird und den Bedarf an Bauholz in Elben, Elberberg, Altendorf und weiteren Nachbarorten deckt. Zu dieser Zeit besitzt die Hardtmühle zwei Mühlräder, die – oberschlächtig und unterschlächtig- das Sägewerk antreiben.

Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die gemeindlichen Wasserversorgungen gebaut werden, errichtet man auf der Hardtmühle ein Pumpwerk, das ab 1909 den buttlarschen Gutshof und ab 1912 das Dorf Elberberg versorgt. Die Pumpanlage wird      1934 eingestellt, nachdem es gelungen ist, die Wasserversorgung aus dem AIten Wald durch natürlichen Druck über das Wasserbassin auf dem Hardtkopf zu sichern.

Neue Nutzung

Das Sägewerk ist bis in die 1960er Jahre in Betrieb und wird dann in die Elbenberger Gemarkung, naher der Russenstraße, verlagert (darüber an anderer Stelle).

Zuletzt ist die Hardtmühle ein Ort der Gastronomie, und als auch diese zum Erliegen kommt, wird wieder einmal eine neue Nutzung für das alte Gebäude gesucht.

Die HNA hat über die Absichten des Drogenvereins, hier eine Übergangseinrichtung zu betreiben, zu Genüge berichtet. In der öffentlichen Auseinandersetzung hat wohl eine Rolle gespielt, daß der Gebäudekomplex nicht mehr fernab von dem Dorf steht, denn das Baugebiet ist bis zum Mühlengrundstück ausgedehnt worden.

 

Bericht von Volker Knöppel in der HNA vom 10. Januar 1996