Windkraftanlagen wieder im Gespräch

Windpark in der Feldgemarkung: Im Bereich zwischen Altenstädt, Istha und Balhorn sieht die Naumburger SPD noch Potenzial für weitere Anlagen.

Neuer Anlauf für Windkraft im Alten Wald

SPD trägt Thema erneut ins Parlament – Auch Areal bei Altenstädt für weitere Anlagen im Blick

Windpark in der Feldgemarkung: Im Bereich zwischen Altenstädt, Istha und Balhorn sieht die Naumburger SPD noch Potenzial für weitere Anlagen.
Windpark in der Feldgemarkung: Im Bereich zwischen Altenstädt, Istha und Balhorn sieht die Naumburger SPD noch Potenzial für weitere Anlagen. © Norbert Müller

Die Luft war eigentlich raus aus dem Thema Windkraft im Alten Wald bei Naumburg. Das Projekt, das sechs Rotoren an der Grenze zur Gemeinde Edertal vorsah, wurde wegen der Sicherheitsbedenken der Fritzlarer Heeresflieger vor ziemlich genau vier Jahren zu den Akten gelegt. Nun nimmt die Naumburger SPD einen neuen Anlauf und bringt in die nächste Sitzung des Stadtparlaments einen Antrag ein mit dem Ziel, die alternative Stromproduktion doch noch im Stadtwald zu installieren, aber zusätzlich auch im Bereich des bereits bestehenden Windparks zwischen Altenstädt, Balhorn und Istha.

Für ihre Initiative nennen die Naumburger Sozialdemokraten zwei wesentliche Gründe: die geänderten Klimaziele der Bundesregierung und die Notwendigkeit eines schnellen Ausbaus erneuerbarer Energien, um die Abhängigkeit von Energielieferungen aus dem Ausland – insbesondere aus Russland – zu reduzieren. Die Nutzung von Windkraftstandorten in Naumburg sei darum „dringend geboten und bei den zuständigen Stellen erneut vorzubringen“.

Bedenken der Bundeswehr

An erster Stelle dürfte bei den „zuständigen Stellen“ die Bundeswehr gemeint sein, denn wegen deren Stellungnahme platzte seinerzeit das Projekt, das insgesamt sechs Windkraftanlagen auf dem Bergrücken am westlichen Gemarkungsrand von Naumburg vorsah. Drei der insgesamt 241 Meter hohen Anlagen, so sahen es die Pläne vor, sollten auf dem Grund der Stadt Naumburg gebaut werden, weitere drei im angrenzenden Privatwald.

Nach dem Einspruch der Bundeswehr hätten Stadt, Privatwaldbesitzer und die Firma wpd aus Bremen, die als Planungs-, Bau- und Betriebspartner ins Boot geholt worden war, nur noch vier Anlagen mit einer maximalen Höhe von 150 Metern bauen können: drei im privaten Forst und eine im Stadtwald. Dazu hätten die kleineren Windmühlen auch noch mit zusätzlichen Einrichtungen zur Sicherheit des Flugverkehrs der Fritzlarer Hubschrauber ausgestattet werden müssen.

Die Bundeswehr hatte in ihrer Stellungnahme vor vier Jahren mitgeteilt, dass auf der Kuppe eine Bauhöhe von bis zu 671 Meter über Normalnull erreicht würde, was Probleme für das Radar des Fritzlarer Flugplatzes zur Folge hätte. Die Flugsicherheit, so der Hinweis des Militärs, wäre dann nicht mehr gewährleistet.

Die kleine Variante war aber für wpd, den Partner von Stadt und Privatwaldbesitzer, nicht akzeptabel. Das Bremer Unternehmen erklärte seinen Ausstieg, weil die geforderten Einschränkungen einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zuließen. Damit war das Projekt im Wald gestorben, da auch die Stadt und der Besitzer des Privatwaldes das Vorhaben nicht weiterverfolgten.

Hier setzt nun der aktuelle Antrag für die Sitzung der Stadtverordneten am kommenden Donnerstag an, mit dem der Magistrat beauftragt werden soll, die Nutzung von Windkraftanlagen anzuschieben. Dazu gehört auch die „Forderung gegenüber der Bundeswehr, das instrumentenbasierte An- und Abflugverfahren des Flugplatzes Fritzlar so anzupassen, dass bezüglich von Windenergie anlagen in dem Vorranggebiet KS 53 des Teilregionalplans Energie keine Anzahl oder höhenmäßigen Beschränkungen mehr erforderlich sind“, wie es die SPD in ihrem Antrag formuliert hat.

Auch soll der Magistrat beim Unternehmen wpd anfragen, ob es unter veränderten Bedingungen am Bau und am Betrieb von Windenergieanlagen im Alten Wald interessiert wäre.

Und schließlich soll der Magistrat sich beim Regierungspräsidium Kassel um eine Ausdehnung des Windparks Istha/Balhorn/Altenstädt in Richtung Westen „für einige weitere Anlagen“ einsetzen.

Wegen der übergeordneten Ziele des Klimaschutzes und der Unsicherheiten bei der Energieversorgung Deutschlands infolge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine sei es unerlässlich, alle möglichen Reserven zur Erzeugung regenerativer Energien auszunutzen, wirbt SPD-Fraktionschef Uwe Förster für den Antrag. Naumburg könne dazu einen Beitrag leisten.

Erweiterung bei Altenstädt

Deshalb sollten die beiden infrage kommenden Areale noch einmal intensiv beleuchtet werden: das Vorranggebiet im Alten Wald mit der Kennung KS 53 Sandkopf/Netzer Berg und auch das Vorranggebiet KS 56 Istha/Balhorn/Altenstädt. Bei einer Erweiterung im dortigen „Dreiländereck“ könnten nach Einschätzung der Genossen „gegebenenfalls drei bis vier weitere Windkraftanlagen betrieben werden“. Der Vorteil dort sei, dass bereits ein Windpark bestehe „und somit keine zusätzlichen anderen Flächen beplant werden müssten“.
Die öffentliche Stadtverordnetensitzung beginnt am Donnerstag, 9. Juni, um 19 Uhr im Naumburger Haus des Gastes.

Kommentar

Kaum ein Thema wurde in den Jahren zwischen 2015 und 2018 in Naumburg so hitzig diskutiert wie der Bau von Windkraftanlagen auf dem bewaldeten Bergrücken an der westlichen Gemarkungsgrenze zu Böhne und Königshagen. Der Widerstand gegen Windmühlen im Wald kam aus der Bevölkerung, die sich vor allem ums Landschaftsbild sorgte, weniger aus der Politik: Das Stadtparlament stimmte den Schritten zur Realisierung des Projektes ein ums andere Mal fraktionsübergreifend zu.

Aus der Kommunalpolitik kommt jetzt der nächste Anlauf für den Bau von Windkraftanlagen. Ob der Gegenwind ähnlich stark wird? Unter dem Eindruck der erschreckenden Abhängigkeit Deutschlands im Energiebereich von Lieferanten wie Russland, kaum zu haltender Klimaziele und zunehmender Wetterkapriolen, die uns die Dramatik des Klimawandels vor Augen führen, dürfte so mancher, der in der Vergangenheit Rotoren im Forst für Teufelszeug hielt, seine ablehnende Haltung überdenken.

Was den Alten Wald angeht, wird aber die Frage, ob dort doch noch regenerative Energiequellen geschaffen werden können, unverändert von der Stellungnahme der Bundeswehr abhängen. Ob das Militär nun zu einer anderen Einschätzung kommt als vor vier Jahren, darf man allerdings bezweifeln. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der bevorstehenden Ertüchtigung der Bundeswehr werden auch die Heeresflieger in Fritzlar noch mehr als bislang gefordert sein und zu Übungsflügen in der Region ausschwärmen. Deutlich bessere Chancen dürfte die von der SPD ebenfalls angeregte Erweiterung des Windparks bei Altenstädt haben. Von drei bis vier Anlagen ist die Rede. Hätte man diesen Vorschlag seinerzeit schon im Paket mit dem Bauprojekt im Alten Wald gemacht, könnten sich die Rotoren dort in der freien Landschaft längst drehen.

Bilder und Bericht: Norbert Müller HNA nom@hna.de